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Wissenschaft und Menschheit

Dörfer der Jungsteinzeit in Mitteleuropa

* Leseprobe aus dem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" des Autors Ernst Probst.

 

Rekorde der Urzeit

Die frühesten Häuser an Seeufern in Österreich wurden von Menschen der Mondsee-Gruppe (vor etwa 3700 bis 2900 v.Chr.) erbaut. Der Begriff Mondsee-Gruppe beruht darauf, daß 1872 am Mondsee in Oberösterreich die ersten Siedlungsspuren dieser Kultur entdeckt wurden. Heute sind etwa 20 Siedlungen der Mondsee-Gruppe am Mondsee im Salzkammergut und Attersee im Salzburger Land bekannt. Diese Häuser bestanden aus einer Konstruktion dicker Holzpfosten. Das Dach wurde mit Schiff oder Stroh gedeckt. Die Wände hat man durch in bestimmten Abständen aufgestellte Pfosten mit Flechtwerk und Lehmverputz dazwischen gebildet. Für den Fußboden verwendet man Holzbalken.

Zu den ältesten Blockhäusern Deutschlands gehören diejenigen der spätbronzezeitlichen "Wasserburg" bei Buchau in Baden-Württemberg. Sie werden der Urnenfelder-Kultur (vor etwa 1200 bis 800 v. Chr.) zugerechnet. Die Blockhäuser von Buchau hatten rechteckige Formen. Es ist jedoch unklar, ob sie alle zur selben Zeit bewohnt waren.

Die größte Siedlung aus der Mittelsteinzeit zwischen etwa 8000 und 5000 v. Chr wurde an den Retlager Quellen in der Dörenschlucht bei Detmold (Nordrhein-Westfalen) aufgespürt. Von dort kennt man die Grundrisse mehrerer ovaler Hütten. Der am besten sichtbare Grundriß hatte die Maße 3,50 mal 2,70 Meter. Viele andere angebliche Dörfer aus der Mittelsteinzeit mit vermeintlichen Dutzenden von Behausungen sind nur Wurzelgruben von umgestürzten Bäumen. Letzteres gilt beispielsweise für zwei angebliche Siedlungen am Federsee in Baden-Württemberg und eine angeblich 27 Hütten zählende Siedlung bei Jühnsdorf in Brandenburg.

Die älteste stadtähnliche befestigte Siedlung ist um 7000 v. Chr. in Jericho auf der heutigen Westbank errichtet worden. Innerhalb dieser durch einen Graben und eine Steinmauer geschützten Anlage wohnten schätzungsweise 2000 bis 3000 Menschen. Sie lebten in bienenkorbähnlichen Häusern, die aus Lehmziegeln erbaut worden waren. Die Menschen in Europa hausten zu dieser Zeit noch in Hütten, Zelten oder Höhlen.

Die ältesten Dörfer der Jungsteinzeit in Mitteleuropa wurden zwischen etwa 5500 und 4900 v. Chr. von den Bauern der Linienbandkeramischen Kultur angelegt. Diese Siedlungen bestanden aus bis zu 40 Häusern und zählten manchmal mehrere Hundert Einwohner.

Als älteste Befestigung betrachten manche Prähistoriker die um 7000 v. Chr. auf dem Hügel Tell-es-Sultan, etwa 10 Kilometer vom Toten Meer entfernte Siedlung von Jericho in Jordanien. Sie wurde durch einen in den Fels geschlagenen 7 Meter breiten und 3 Meter tiefen Graben und dahinter durch eine 2 Meter dicke und 6 Meter hohe Steinmauer vor Angriffen geschützt. Ein Rundturm innerhalb dieser Mauer war 9 Meter hoch. Nach Auffassung anderer Prähistoriker gibt es Zweifel daran, ob die Mauern von Jericho wirklich Befestigungsmauern waren und nicht mindestens in den unteren Teilen lediglich Stützmauern für die Siedlung. Auch der angeblich in den Fels gehauene Graben ist umstritten.

Die ältesten Befestigungen Deutschlands wurden zur Zeit der Linienbandkeramischen Kultur (vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr.) errichtet. Dazu gehören beispielsweise die Befestigungen von Eilsleben in Sachsen-Anhalt und von Köln-Lindenthal in Nordrhein-Westfalen. In Eilsleben hat man über eine Länge von 170 Meter den bisher ältesten Graben Mitteleuropas nachgewiesen, der eine Siedlung aus der ältesten Phase der Linienbandkeramischen Kultur schützte. Er war mehr als 3 Meter breit, 2,50 Meter tief und umzog ein annähernd rundes Areal. Später erweiterten Ackerbauern und Viehzüchter aus der jüngsten Phase dieser Kultur die Anlage um eine Fläche von 100 Meter Breite und 60 Meter Lange. Diese befestigte Siedlung mit einer Fläche von vier Hektar wurde von einem mehr als 6 Meter breiten und bis zu 3 Meter tiefen Graben umgeben. Ein Erdwall an der Innenkante des Grabens und ein Zaun aus Rutengeflecht schützten die Bewohner und deren Haustiere vor Raubtieren und Angriffen menschlicher Zeitgenossen. Im Inneren der Befestigung standen bis zu 30 Meter lange Pfostenhäuser, deren Rutenflechtwände mit Lehm verstrichen waren. Die Fundstelle Eilsleben wird seit 1974 durch das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle/Saale untersucht - Die befestigte Siedlung von Köln-Lindenthal wurde schon 1928 bei Abtragungsarbeiten für den geplanten Botanischen Garten der Universität entdeckt. In Köln-Lindenthal hat man mehrere aufeinanderfolgende Graben- und Palisadensysteme mit Spitz- und Sohlgräben ermittelt, die Innenflächen zwischen 12000 und 44000 Quadratmeter umgaben. Auf der Nordseite entdeckte man einen zumeist als Spitzgraben ausgeführten Graben. Er war 1,10 Meter tief, 1,40 Meter breit und hatte einen Durchmesser von 142 Meter. An seiner Innenseite stieß man auf Reste eines Erdwalles. Die Gräben und Palisaden schlossen in den ältesten Besiedlungsphasen noch keine Häuser ein; die Behausungen wurden außerhalb der Befestigung errichtet Die Siedlung von Köln-Lindenthal umfaßte insgesamt 86 Pfostenhäuser, die heute 16 verschiedenen Bauperioden zugewiesen werden können. Es gab also in jeder Besiedlungsphase drei bis fünf Häuser. Die Behausungen waren 10 bis 35 Meter lang. Außer in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen kennt man auch aus Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen Reste von Befestigungen der Linienbandkeramischen Kultur.

Die meisten Bergsiedlungen in der Eisenzeit stammen aus der Zeit zwischen etwa 150 v. Chr. und Christi Geburt. Damals bauten die Kelten in verstärktem Maße in erhöhter oder schwer zugänglicher Lage mit Graben und Mauern umgebene Burgen, die sogenannten Oppida. In Gallien (Frankreich) wurden die Mauern vorwiegend in der Technik des von Caesar beschriebenen Murus gallicus errichtet. Bei dieser Verbundtechnik handelte es sich um ein mit Erde und Steinen gefülltes, vernageltes Holzkastenwerk mit steinerner Außenwand, in der nur die Enden der Balken sichtbar waren. Daneben gab es außerhalb Galliens Mauern aus Stein mit Holzeinbau oder Steinmauern ohne Holzeinbau wie im Fall der Steinsburg bei Römhild in Thüringen. Oppida existierten im letzten vorchristlichen Jahrhundert im gesamten keltischen Gebiet zwischen Frankreich und Ungarn. Sie wurden auch im Flachland angelegt. wo sie teilweise von Flüssen umgeben waren. Die meisten Oppida boten kaum hundert Menschen Platz, es gab aber auch solche mit bis zu 3000 Einwohnern, die stadtähnlichen Charakter hatten.

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Quelle: Pressemitteilung.WS


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