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AIDS - Immunsystem und Virus

* Eine Abhandlung zum Thema AIDS: Das HIVirus unter dem Selektionsdruck des Immunsystems

 

Verhalten und Weiterentwicklung des HIVirus

In dem eben geschilderten, als Akutstadium bezeichneten Frühstadium, das einige Wochen dauern kann, zeigen sich bei nur ungefähr einem Drittel der infizierten Personen überhaupt gewisse Symptome: oft Fieber, eventuell begleitet von Hautausschlägen und geschwollenen Lymphknoten. Selbst dann folgt aber normalerweise ein ausgedehntes beschwerdefreies Stadium, in dem das Immunsystem seine Aufgabe zufrieden stellend erfüllt. Die Nettokonzentration an nachweisbaren Viren bleibt dabei relativ niedrig; sie steigt jedoch mit der Zeit allmählich, während die Population der T-Helferzellen wieder - wenn auch langsam - schrumpft.

Im allgemeinen spricht man von einem Übergang zum Endstadium Aids, wenn die Zahl der Helferzellen, die beim Gesunden ungefähr 1000 pro Mikroliter Blut beträgt, einen Wert von 200 unterschreitet. Der Gehalt an Viruspartikeln schnellt dann steil nach oben, und Messgrößen für die Aktivität des Immunsystems fallen gegen null. Infolge der zusammenbrechenden Abwehrkräfte können nun sonst harmlose Mikroorganismen lebensbedrohende Krankheiten auslösen. Ist Aids erst einmal ausgebrochen, überleben die Betroffenen selten mehr als zwei Jahre.

Warum kann das Immunsystem den Virus nicht vollständig zerstören?

Das Virus ist durch den Selektionsdruck, den das Immunsystem auf ihn ausübt in die Enge getrieben, um trotzdem zu existieren muss sich das Virus verändern. Da es sich bei HIV um eine sehr wandlungsfreudiges Virus handelt, ist es für das Immunsystem schwer das Virus zu erkennen. Denn bei einer Mutation verändert sich die Erkennungsstruktur für das Immunsystem, die so genannten Epitope. Deswegen können die Viren auch nicht zerstört werden. Diese Mutende hat solange eine größere Überlebenschance, bis das Immunsystem das veränderte Epitop als "neu" entdeckt und dieses dann auch zerstören kann.

Doch während das Immunsystem lernte dieses eine neue Epitop zu erkennen und zu vernichten, sind bereits wieder andere entstanden. Somit hat das Immunsystem nie genug Zeit alle HIViren zu vernichten und dieser Teufelskreis kann nicht unterbrochen werden. Die hohe Mutationsrate der HIViren ist abhängig von der reversen Transkirptase, die die RNA in DNA umschreibt, damit sich das Virus in das Erbgut der Wirtszelle integrieren kann. Dieses Enzym macht viele Fehler, im Durchschnitt einen pro Transkription. (Beim Menschen liegt der Fehlerdurchschnitt bei einem Fehler pro 10 Nukleotiden). Durch die hohe Vermehrungsrate ist somit auch die Möglichkeit größer eine günstige Mutation zu erhalten.

In einer Computersimulation wurde die Weiterentwicklung einer erst homogenen Viruspopulation unter dem Selektionsdruck des Immunsystems beobachtet. Die Forscher erhofften sich dadurch ein Muster für eine fortschreitende HIV-Infektion zu bekommen. Bedeutsame Ergebnisse waren:

Das Virus beeinträchtigt die Funktion des Immunsystems hauptsächlich dadurch, dass es Helferzellen stark vermindert; dementsprechend sterben bei höherer Virusfracht mehr davon ab.
Unablässig entstehen Fluchtmutanten, die bis zu einem gewissen Grade den akuten immunologischen Attacken entgehen; sie verbreiten sich verstärkt.
Nach einiger Zeit hat sich auch gegen diese Mutanten eine wirksame Abwehr aufgebaut, und ihre Anzahl schrumpft

Die Simulaton lieferte tatsächlich die charakteristische lange Inkubationszeit zwischen Ansteckung und dem am Ende steilen Anstieg der HIV-Konzentration. Zugleich bot sie eine Erklärung dafür, warum der Zyklus von sich bildenden Fluchtmutanten und deren anschließender Unterdrückung durch das Immunsystem nicht unendlich weitergeht, sondern irgendwann in eine unkontrollierte Vermehrung des Virus mündet, die durch die fast völlige Ausrottung der Helferzellen AIDS ausbrechen lässt. Das Immunsystem ist zwar in der Lage sich gleichzeitig gegen mehrere Virusvarianten zu wehren, jedoch kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo zu viele verschiedene Varianten existieren und der Erreger völlig außer Kontrolle gerät. Diesen Punkt der HIV-Infektion nennt man kritische " Schwelle der Vielfalt ".

Um zu erklären, warum die gleichzeitige Anwesenheit mehrere Virusvarianten die Effizienz des Immunsystems beeinträchtigt, sollte man sich die HIV-Armee als Allround-Kämpfer vorstellen, das heißt, dass sie jede feindliche Zelle angreifen können. Die Verteidiger der Immunabwehr sind jedoch Spezialtruppen, die einen HIV-Angreifer nur erkennen, wenn er das ihnen bekannte Abzeichen für feindliches Ziel trägt. Nehmen wir einmal an, das beide Armeen gleichstark wären und somit alle HIV-Angreifer gleich markiert und allen Verteidigern bekannt wären. So würde das Immunsystem die Stellung halten. Wenn es nun aber drei verschiedene Abzeichen für feindliches Ziel gibt, müsste man die Verteidiger in drei Gruppen einteilen und jeder Gruppe ein Abzeichen als feindlich erklären. Somit kann jeder der Spezialisten statistisch gesehen nur jeden dritten Angreifer auf den er trifft als solchen erkennen und angehen. Aber der HIV-Allround-Kämpfer kann immer noch jeden Verteidiger als solchen erkennen und angreifen. Deswegen ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Angreifer schließlich gewinnen.


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